Erste Auswertung der Besetzer*innengruppe der Skalitzer Straße 106
Als wir am Samstag, den 6. Oktober, die Kellerräumlichkeiten in der Skalitzer Straße 106 betraten, hatten wir ein Ziel: Wir wollten dort Räume zugänglich machen für selbstorganisierte Sportangebote – auch weil wir zuvor im Kiez immer wieder mit Leuten gequatscht haben, denen ein Raum für sowas fehlte. Die eine Kickboxcrew dort weggentrifiziert, der andere Freund*innenkreis da auf der Suche nach einem kostenlosen Gym. Es gab Bedarf.
Und es gab einen Raum. Die Kellerräume in dem Haus gleich neben der Ubahn-Station Görlitzer Bahnhof standen seit längerem leer, über zwei Ecken haben wir von den Eigentumsverhältnissen gehört. Das Haus gehört einem Multimillionär. Seinem Sohnemann hat er den Keller zur Verwaltung übergeben, damit der auch ein bisschen Geld machen kann. Dass der Sohnemann sich gelegentlich als „Linker“ inszeniert, sahen wir eher als Argument für die Besetzung: Wer „links“ redet, aber vom Millionärsvater geschenkte Räumlichkeiten nicht der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, sollte daran erinnert werden, dass er sich und andere belügt. Für uns jedenfalls ist nicht wichtig, für was sich jemand hält. Für uns ist wichtig, was jemand tut.
Wir haben also den Laden in Besitz genommen. Vor der Tür ergab sich nach der Veröffentlichung der Besetzung eine für uns wirklich erfreuliche Kundgebung: viele Genoss*innen halfen mit, Nachbar*innen kamen vorbei, Passant*innen blieben stehen, man diskutierte, es gab essen. Was wir von den Freund*innen draußen hörten, war die Resonanz bei weitem überwiegend positiv. Es gab spontane Konzerte, Essen, alles in allem ein schönes kleines Straßenfest – sollte man öfter machen. Die Vereinzelung im Kiez muss überwunden werden, ob während einer Besetzung oder auch ganz alltäglich in den gemeinsamen Kämpfen derer, die im Kapitalismus nichts zu gewinnen haben. Dass das so gut klappte, ist nicht unser Verdienst. Sondern das von vielen Leuten, die spontan essen vorbei brachten, das Mikro ergriffen und sich einbrachten. Euch, liebe Genoss*innen, wollen wir kämpferische Grüße und ein großes Dankeschön schicken!
Wie das so ist, wenn Leute etwas machen, was den Eigentümern dieser Welt nicht passt, kamen auch ungeladene Gäste. Die Cops fuhren nach anfänglichen Mobilisierungsschwierigkeiten ihr völlig übertriebenes Großaufgebot auf. Wer zum Prügeln trainiert ist und losgeschickt wird, um zu prügeln, tut am Ende dann auch genau das: Prügeln. Ohne erkennbaren Sinn boxten die Cops dann irgendwann am frühen Nachmittag eine Seitentür frei, zumindest eine Genossin wurde dabei verletzt, es kam zu ersten Verhaftungen. Dennoch: Wir wollen uns nicht beklagen, denn so ist nun mal die Lage. Sie sind dort und wir sind hier. Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen wir dagegen halten und viele Leute haben das beherzt getan. Auch bei euch, liebe Genoss*innen, bedanken wir uns!
Nach einige Stunden Kundgebung kam dann die Nachricht, dass der Eigentümer den Räumungsbefehl unterzeichnet hatte. Wir hatten uns einen Ausgang offen gehalten, den die Cops nicht bemerkten, also nutzten wir die Gelegenheit abzuziehen. Tschüss Cops, war wohl nix.
Die Kundgebung wurde beendet. Wir setzten uns zusammen und diskutierten den Tag. Zum einen müssen wir natürlich sagen, dass wir nicht gewonnen haben. Der Raum ist nicht gehalten worden. Zum anderen sehen wir das solidarische Zusammenspiel der Unterstützer*innen und die Außenwirkung im Kiez.
Wie geht es jetzt weiter? Wir verurteilen die Entscheidung des Eigentümers, die Besetzung nicht zu tolerieren, aufs Schärfste. Wir können auch nicht darüber hinwegsehen, dass Freund*innen von uns verletzt und verhaftet wurden. Wir hoffen, der Eigentümer überdenkt seine Entscheidung und stellt den Raum doch noch der Allgemeinheit zur Verfügung. Wir wissen, er hat mehr als genug, um mehr als gut zu leben. Die Chance, ein bisschen etwas zurückzugeben, hat er nun. Wir jedenfalls haben die Idee des Kiezsportraums in der Skalitzer 106 nicht aufgegeben.
Leerstand und Ferienwohnungen enteignen!
Her mit dem Ort für den Kiezsport!
PS: Besetzungen sind nicht alle Tage. Aber viele andere Sachen schon. Also: Am 30.Oktober ist wieder Kiezversammlung im SO36, kommt rum, lasst uns gemeinsam planen und diskutieren, wie Kreuzberg umgestaltet werden kann.